Wie eine Roma aus der Ukraine die Hoffnung verlor

Aktualisiert am 11.07.2024, 15:15 Uhr

Reportage Sie landete in einem Albtraum

Diskriminierung und Gewalt im Krieg: Wie eine Roma aus der Ukraine die Hoffnung verlor

Foto:   Camila Smagina ist 36 Jahre alt und lebt alleinerziehend mit ihren fünf Kindern in Kramatorsk. © Joana Rettig

Von Gewalt und Rassismus gezeichnet: Camila Smagina floh vor dem Krieg und landete in einem Albtraum. Als Romni in der Ukraine erlebt sie Diskriminierung auf jeder Ebene. Ihre Kinder putzen Windschutzscheiben, während sie selbst um das nackte Überleben kämpft. Eine Geschichte von Wut, Angst, Flucht und Hoffnungslosigkeit.

Eine Reportage von Joana Rettig

Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Eindrücke und Einschätzungen von Joana Rettig . Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Camila Smagina weint allein. Wenn die Kinder nicht da sind. Wie hat sie das alles überstanden, fragt sie sich. Wie zur Hölle soll sie weitermachen?

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Die 36 Jahre alte Romni sitzt unter einem hölzernen Pavillon und flucht. Das graue Abendlicht von Kramatorsks Altstadt blendet durch die Lücken der gemusterten Holzwände. „Ich habe mit dem Trinken aufgehört, ich schwöre es“, sagt sie. „Habe die Nase voll von dem Scheiß. Wirklich.“

Sie sieht alt aus für ihre jungen Jahre. Das Gesicht eingefallen, die Haut sonnengegerbt mit Falten auf der Stirn und in der Augenpartie. Ein schwarzer Strich zieht sich unsauber über die Lider. Sie spricht undeutlich. Springt von einem Thema zum nächsten, kommt mit den Daten durcheinander. In ihren 36 Lebensjahren hat die fünffache Mutter viel Leid gesehen und noch mehr Leid ertragen. Als Frau, als Mutter, als Angehörige einer ethnischen Randgruppe in einem Land, das seit mehr als zehn Jahren im Krieg ist.

Viele Roma in der Ukraine verstecken ihre Identität

Camila Smagina gehört der Minderheit der Roma in der Ukraine an. Laut einer Volkszählung von 2001 lebten damals rund 47.000 Angehörige dieser Volksgruppe in der Ukraine. Doch die Zahl trügt. Nichtregierungsorganisationen gehen von 400.000 bis 500.000 Roma aus – die meisten von ihnen haben keine Papiere oder verstecken ihre ethnische Herkunft.

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